Im Zuge einer internen Restrukturierung bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) wurde aus den einzelnen IT-Divisionen die Software-Entwicklung ausgegliedert und zu einer zentralen SBB Informatik zusammengefasst. In dieser neu gegr�ndeten Abteilung wurde zudem eine Test-Factory implementiert, die f�r die kompletten Testprozesse verantwortlich ist.
Wie in vielen Unternehmen haben auch bei der SBB die Entwickler aus mangelndem Verst�ndnis f�r die Notwendigkeit dedizierter Tests lange Zeit ihre eigenen Programme getestet. "Das geh�rt jedoch gar nicht zu ihren Kernkompetenzen“, erkl�rt Bruno Linder, Leiter der SBB Test-Factory. "Und oft haben wegen Budget- und Termindrucks unsere Tests entweder erst am Ende des Projekts stattgefunden, wurden gek�rzt oder auch ganz gestrichen.“
Tests sollten deshalb im Allgemeinen von darin erfahrenen Mitarbeitern und wenn m�glich in einer Test-Factory durchgef�hrt werden, die zwar im Unternehmen eingegliedert, aber von den unterschiedlichen Fachabteilungen und der IT unabh�ngig ist. Eine solche Factory stellt damit eine Art Kompetenzzentrum f�r Testleistungen dar.
F�r den Aufbau ihrer Test-Factory hat sich die SBB die Hilfe eines Experten an Bord geholt. Bei der Konzeptionierung stand der Dienstleister und Testmanagement-Spezialist beck et al. projects zur Verf�gung.
Der Start zum Aufbau der Test-Factory war der 1. Januar 2007. Der Dienstleister stellte f�r die ersten zehn Monate die Leitung der Test-Factory. In dieser Zeit wurde der Mitarbeiterstamm von vier auf 15 ausgebaut und es wurden Testprozesse und -methoden in Abstimmung mit angrenzenden Bereichen formuliert. Zudem setzten die Verantwortlichen notwendige Ma�nahmen f�r Marketing, Recruiting
und Ressourcenmanagement um. Neben diesen organisatorischen Aufbauthemen wurden Testprojekte mit Fach- oder Lasttests geplant und durchgef�hrt. So wird zum Beispiel bei einem Lasttest das
Systemverhalten unter besonders hohen Speicher- oder CPU-Anforderungen analysiert: "Wenn auf unserem Online-Fahrplan monatlich 14 Millionen Zugriffe eingehen, ist das eine enorme Belastungssituation f�r das System“, so Linder. "Mit dem Lasttest k�nnen wir vorher �berpr�fen,
wie das System bei so einer Herausforderung reagiert.“
Beim Auftreten eines Fehlers wird genau festgehalten, wo er entstanden ist. Mit dieser Information geht der Testfall dann zur�ck zu den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des jeweiligen Projekts, die dann genau wissen, wo sie zur Bearbeitung ansetzen m�ssen. Die Test-Factory kann daraufhin planen, wann der Fehler behoben und erneut getestet werden kann.
Die gr��te Herausforderung war der Vertrieb der Test-Factory-Dienstleistungen an die IT der SBB - also an die internen Fachbereiche. Hier war am Anfang noch viel �berzeugungsarbeit zu leisten, um den Sinn der Test-Factory deutlich zu machen. Das lie� sich aber mit der Zeit durch immer mehr erfolgreich abgeschlossene Projekte immer besser belegen. Linder stellt fest: "Wir haben heute sozusagen rei�enden Absatz an Tests durch die Test-Factory.“
Haben die Fachbereiche zuvor Tests abh�ngig von Zeit und Kosten durchgef�hrt, so bekommen sie heute die fertig gepr�ften Anwendungen von der Test-Factory geliefert. So m�ssen sie die fertigen Applikationen nur noch best�tigen.
Externe Dienstleister mussten Mitarbeiter bereitstellen. Eine weitere Schwierigkeit stellte das Recruiting dar. Da der Schweizer Arbeitsmarkt wie leergefegt ist, mussten alle weiteren Mitarbeiter �ber externe Dienstleister bezogen
werden. Das daran h�ngende Vertrags- und Steuerungsmanagement f�r den Aufbau von zw�lf externen
Mitarbeitern war erheblich.
Insgesamt zieht Linder ein positives Fazit: "F�r uns ist das Projekt schon aus jetziger Sicht erfolgreich.“ Die Tests geh�ren heute zu den Kernkompetenzen unserer IT und ich kann jedem Unternehmen nur empfehlen, Tests immer begleitend einzusetzen und nicht erst bei Projektabschluss.
"Unsere Projekte laufen jetzt schneller ab und auch die Qualit�t verbessert sich laufend, da wir Fehler
gleich zu Beginn und an der richtigen Stelle finden.“
Siehe auch: Computer Zeitung Ausgabe 25/2008 |